Книжная полка Сохранить
Размер шрифта:
А
А
А
|  Шрифт:
Arial
Times
|  Интервал:
Стандартный
Средний
Большой
|  Цвет сайта:
Ц
Ц
Ц
Ц
Ц

Свадьба в Лионе. Новеллы

Покупка
Артикул: 092834.02.99
Доступ онлайн
350 ₽
В корзину
Стефан Цвейг (1881-1942) - австрийский писатель, мастер психологической новеллы и портрета. В книге представлены наиболее интересные и значимые произведения из творчества автора, среди которых знаменитые новеллы «Свадьба в Лионе» и «Смятение чувств». Оригинальный текст снабжен постраничными комментариями и словарем.
Цвейг, С. Свадьба в Лионе. Новеллы : книга для чтения на немецком языке : художественная литература / С. Цвейг. - Санкт-Петербург : КАРО, 2007. - 544 с. - ISBN 978-5-89815-875-0. - Текст : электронный. - URL: https://znanium.com/catalog/product/1048391 (дата обращения: 03.06.2024). – Режим доступа: по подписке.
Фрагмент текстового слоя документа размещен для индексирующих роботов. Для полноценной работы с документом, пожалуйста, перейдите в ридер.

DIE HOCHZEIT VON LYON

       NOVELLEN
 Подготовка текста, комментарии, словаръ Л.М. Бузиновой
          ИЗДАТЕЛЬСТВО
          СЗЙР©
          Санкт-Петербург

2007
УДК 373.8.
ББК 81.2 Нем-93 Ц 26



     Цвейг С.
Ц 26 Свадьба в Лионе. Новеллы: Книга для чтения на немецком языке. - СПб.: КАРО, 2007. - 544 с.
    ISBN 978-5-89815-875-0


       Стефан Цвейг (1881-1942) - австрийский писатель, мастер психологической новеллы и портрета.
       В книге представлены наиболее интересные и значимые произведения из творчества автора, среди которых знаменитые новеллы «Свадьба в Лионе» и «Смятение чувств».
       Оригинальный текст снабжен постраничными комментариями и словарем.

УДК 373.8.
ББК 81.2 Нем-93

ISBN 978-5-89815-875-0

© КАРО, 2007
DIE HOCHZEIT VON LYON
    Am zwolften November 1793 brachte Barrere im franzosischen Nationalkonvent gegen das abtrunni-ge und endlich ersturmte Lyon jenen todlichen Antrag ein, der mit den lapidaren¹ Worten endigte: „Lyon bekampfte die Freiheit, Lyon ist nicht mehr.“ Die Gebaude der volksaufruhrerischen Stadt sollten, so forderte er, dem Erdboden gleichgemacht, seine Mo-numente in Asche verwandelt und selbst der Name ihr genommen werden. Acht Tage zogerte der Kon-vent, so volliger Vernichtung der zweitgroEten Stadt Frankreichs zuzustimmen, und selbst nach der Un-terzeichnung fuhrte der Volksbeauftragte Couthon, des geheimen Einverstandnisses Robespierres gewiss, jenen herostratischen Befehl nur lassig aus. Um der Form zu genugen, versammelte er mit groEem Pomp das Volk auf dem Platz von Bellecourt und klopfte mit silbernem Hammer symbolisch gegen die der

DIE HOCHZEIT VON LYON

¹ lapidar (oft tiberraschend) — kurz und prazise formuliert = pragnant

5
STEFAN ZWEIG

Vernichtung bestimmten Hauser, aber nur zogernd brach dann der Spaten in die herrlichen Fassaden ein, und die Guillotine¹ ubte noch sparsam ihren dumpf drohnenden Niederfall. Von dieser unerwar-teten Milde beruhigt, begann die vom Burgerkrieg und monatelanger Belagerung grausam erregte Stadt schon wieder ersten Atem der Hoffnung zu wagen, als plotzlich der human zogernde Tribun abberufen wurde und statt seiner Collot d’Herbois und Fouche in Ville Affranchie — denn so hie6 von nun ab Lyon in den Dekreten der Republik — mit der Scharpe der Volksbeauftragten geschmuckt erschie-nen. Nun wurde uber Nacht, was blo6 als pathe-tisch abschreckendes Dekret² vermeint war, grim-mige Wirklichkeit. „Man hat hier bisher nichts ge-tan“, meldete ungeduldig, die eigene patriotische Energie zu erweisen und den milderen. Vorganger zu verdachtigen, der erste Bericht der neuen Tribu-nen an den Konvent, und sofort setzten jene furcht-baren Exekutionen ein, an die sich Fouche, der „mit-railleur de Lyon“, als spaterer Herzog von Otranto und Verteidiger aller legitimen Prinzipien nur un-

¹ Guillotine die; -, -n; — eine Maschine, mit der (besonders zur Zeit der Franzosischen Revolution) durch ein herabfal-lendes Beil Menschen der Kopf abgeschlagen wurde

² Dekret das; -(e)s, -e; veraltend — eine offizielle Verordnung von einer Behorde

6
gern mehr erinnern lieE. Statt des langsam aufmor-telnden Spatens sprengten jetzt Pulverminen reihen-weise die herrlichsten Gebaude nieder, statt der „un-zuverlassigen und unzulanglichen“ Guillotine erle-digten Massenfusilladen und Kartatschen Hunderte von Verurteilten mit einer Salve. Gescharft durch taglich neue und schneidende Dekrete mahte die Justiz weitausholend wie eine Sense Tag um Tag ihre riesige Menschengarbe; langst schon besorgte die rasch wegschwemmende Rhone das zu langsame Ge-schaft des Einsargens und Grabergrabens, langst ge-nugten die Gefangnisse nicht mehr fur die Fulle der Verdachtigen. So wurden die Keller der offentlichen Gebaude, Schulen und Kloster den Verurteilten zum Aufenthalt bestimmt, freilich zu fluchtigem bloE, denn die Sense hieb rasch zu, und selten warmte das gleiche Stroh denselben Leib mehr als eine einzige Nacht.
    Zu so tragisch verkurzter Gemeinsamkeit war an einem scharffrostigen Tage jenes blutigen Monats wieder ein Trupp Verurteilter in die Keller des Stadthau-ses getrieben worden. Mittags hatte man sie Mann fur Mann vor die Kommissare gefuhrt und in flie-gendem Fragespiel ihr Schicksal erledigt; nun saEen die vierundsechzig Verurteilten, Frauen und Manner, wirr durcheinander in dem niedergewolbten, nach Weinfassern und Moder dunstenden Dunkel, das im

DIE HOCHZEIT VON LYON

7
STEFAN ZWEIG

Vorderraum ein kargliches Kaminfeuer eher durch-farbte als durchwarmte. Die meisten hatten sich le-thargisch¹ auf ihre Strohsacke hingeworfen, andere schrieben an dem einzig bewilligten Holztisch bei wackeligem Wachslicht hastige Abschiedsbriefe, wuss-ten sie doch, dass ihr Leben eher zu Ende sein wurde als die im kalten Raume blauschauernde Kerze. Kei-ner von ihnen aber sprach anders als flusternd, und so drohnte deutlich in die gefrorene Stille von der Strane her die dumpfe Explosion der Minen und das rasch ihr folgende Niederkrachen der Hauser. Doch schon war durch die schmetternde Geschwindigkeit der Geschehnisse alle Fahigkeit des Gefuhls und des deutlichen Denkens den Gepruften genommen; reglos und wortlos lehnten die meisten im Dunkel wie in einem Vortraum ihres Grabes, nichts mehr erwar-tend und mit keiner Regung mehr dem Lebendigen zugewandt.
    Da drohnte gegen die siebente Abendstunde plotzlich energischharter Schritt an der Ture, Kol-ben klirrten, der rostige Riegel² kreischte zuruck. Unwillkurlich schreckten alle auf: sollte gegen die triste Gewohnheit einer sonst verstatteten Nacht

¹ lethargisch — teilnahmlos

² Riegel der; -s, -; — ein Stab aus Metall oder Holz, den man vor etwas schiebt, um es so zu sichern

8
schon jetzt ihre Stunde gekommen sein? Im kalten Luftzug der aufgerissenen Tur sprang die Flamme blau von der Kerze, als wollte sie dem wachsernen Leib entfliehen, und mit ihr aufzuckend warf Angst sich dem Unbekannten entgegen. Aber bald beru-higte sich der jah aufgerissene Schrecken, brachte der Kerkermeister doch nichts als einen neuen nachtraglichen Schub Verurteilter, etwa zwanzig an der Zahl, die er wortlos und ohne ihnen im uber-fullten Raum besonderen Platz anzuweisen, die Treppe herabfuhrte. Dann stohnte die schwereiser-ne Tur wieder zu.
    Unfreundlich blickten die Gefangenen den An-kommlingen entgegen, denn dies Seltsame ist ja der menschlichen Natur zu eigen, uberall eilig sich ein-zupassen und selbst im Fluchtigen sich zu Hause zu fuhlen wie in einem Recht. So betrachteten die fru-her Gekommenen den dumpfen modrigen Raum, den schimmeligen Strohsack, den Platz um das Feuer un-willkurlich schon als ihr Eigentum, und jeder der Neueingelangten erschien ihnen ein unberufener und schmalernder Eindringling. Die eben Eingelie-ferten wiederum mochten jene kalte Feindseligkeit ihrer Vorganger, so unsinnig sie auch in todlicher Stunde war, deutlich empfunden haben, denn — sonderbar — sie wechselten mit den Schicksalsgenos-sen weder Gru6 noch Wort, forderten nicht Teil an

DIE HOCHZEIT VON LYON

9
STEFAN ZWEIG

Tisch und Stroh, sondern druckten sich nur wortlos und murrisch in eine Ecke. Und war vordem die Stille schon grausam uber dem Gewolbe gelegen, so mutete sie nun noch finsterer an durch diese Ge-spanntheit eines sinnlos herausgeforderten Gefuhls. Um so klingender, heller und gleichsam wie von an-derer Welt hereingeschlagen fuhr nun plotzlich ein Schrei diese Stille durch, ein heller, beinahe zucken-der Schrei, der unwiderstehlich selbst den Teilnahms-losesten aus Ruhe und Gedrucktheit riss. Ein Mad-chen, neu angekommen mit den anderen, plotzlich und ruckhaft war sie aufgesprungen, und sie war es auch, die sich, die Arme wie eine Sturzende vorge-breitet, mit dem zuckenden Ruf „Robert, Robert“ einem jungen Menschen entgegenwarf, der abseits von den andern an dem Fenstergitter gelehnt hatte und nun seinerseits ihr entgegenfuhr. Und schon loder-ten wie zwei Flammen eines Feuers diese beiden jun-gen Gestalten Korper an Korper, Mund an Mund sich entgegen, so innig zusammenbrennend, dass die jah ausstromenden Tranen der Entzuckung eine des an-deren Wangen uberstromten und ihr Schluchzen wie aus einer einzigen berstenden Kehle drang. Wenn sie sich lie&n fur einen Augenblick, unglaubig, sich wirk-lich zu fuhlen und vom UbermaE des Unwahrschein-lichen erschreckt, so schlug im nachsten Augenblick schon wieder neue Umfangung sie womoglich noch

10
gluhender zusammen. Sie weinten und schluchzten und sprachen und schrien in einem Atem, ganz mit sich allein im Unendlichen des Gefuhls und vollkom-men achtlos der Mitgefahrten, die erstaunt und durch dieses Staunen belebt sich ungewiss den beiden na-herten.
    Das junge Madchen war mit Robert de L., dem Sohn eines hohen Magistratsbeamten¹, seit Kind-heit erst befreundet, seit Monaten dann verlobt ge-wesen. Schon war in der Kirche ihr Aufgebot er-folgt und gerade jener blutige Tag, da die Truppen des Konvents in die Stadt einbrachen, ihrer Vermah-lung bestimmt, da gebot es die Pflicht ihrem Ver-lobten, der in der Armee Percys gegen die Republik gekampft hatte, den Royalisten-General bei seinem verzweifelten Durchbruch zu begleiten. Wochenlang blieb dann jede Nachricht von ihm aus, und schon wagte sie zu hoffen, er habe sich glucklich uber die Schweizer Grenze gerettet, als plotzlich ein Stadt-schreiber ihr meldete, Angeber hatten sein Versteck auf einem Gehofte ausgekundschaftet, und gestern sei er dem Revolutionstribunal uberliefert worden. Kaum hatte das kuhne Madchen von der Gefangen-nahme und zweifellosen Verurteilung ihres Verlob-

DIE HOCHZEIT VON LYON

¹ Magisterbeamte der; -(e)s, -e; — der Beamte einer Behorde, der eine Stadt oder eine Gemeinde verwaltet

11
Доступ онлайн
350 ₽
В корзину